Forschung
Grenzschicht-Meteorologie
- Messung des Austauschs von Energie, Wasser und Treibhausgasen zwischen Biosphäre und Atmosphäre
- Entwicklung von Methoden zur Auswertung mikrometeorologischer Messungen
- Turbulenzauflösende Modellierung von Austauschprozessen in der Atmosphärischen Grenzschicht
- urbane Meteorologie und Klimatologie: die Stadt als System im komplexen Zusammenspiel von Topographie, Biosphäre, Luftqualität und Wärmebelastung
- Windenergie (offshore und in komplexem Gelände): Windressourcen, Windparks, Nachläufe, Testfeld
- atmosphärische Messtechnik: bodengestützte Fernerkundung (RASS, Wind-Lidar, Ceilometer
Werkzeuge
Messkampagnen: RASS, Wind-Lidar, Ceilometer
Numerische Simulationsmodelle: WRF, WRF-LES, PALM-4U, iTree
analytische Modelle: EFFWAKE (Effektivität und Nachläufe von großen Windparks)
aktuelle Projekte
Urban: UC² (BMBF): neues Stadtklima-Modell PALM-4U
Wind in komlexem Gelände: WINSENT: Windtestfeld in komplexem Gelände
Wind offshore: X-WAKES: Interaktion von Nachläufen hinter Offshore- Windparks
Klima: KARE: Starkregenvorsorge für Kommunen
Mitarbeiter
Mares Barekzai, Stefan Emeis, Renate Forkel, Rüdiger Grote, Carsten Jahn, Gamze Koç, Christopher Holst, Hawwa Kadum, Basit Khan, Matthias Mauder, Jamie Smidt, Ingo Völksch, Luise Wanner, Kevin Wolz
Publikationen
Suchmaschine der KIT-Bibliothek (wenn möglich nur Nachname eingeben, Vorname nach Komma anfügen (Initial oder voller Vorname geben gelegentlich unterschiedliche Ergebnisse))
Highlights
Stadtforschung Luftchemie
Die hohe Belastung durch Luftschadstoffe wie Stickoxide und Feinstaub stellt auch weiterhin ein großes Problem in städtischen Ballungsgebieten dar. Im Zuge das Klimawandels besteht zudem ein erhöhtes Risiko für Sommersmogepisoden mit erhöhten Konzentrationen von Ozon und weiteren Photooxidantien im Stadt-Umlandbereich.
Zur Beschreibung und Untersuchung der Konzentrationsfelder dieser Luftschadstoffe sind wegen der starken räumlichen Variabilität der städtischen Konzentrationen Modelle erforderlich, in denen Gebäude und einzelne Straßenschluchten aufgelöst werden können. Zusammen mit Partnern auf nationaler und internationaler Ebene wird mit Förderung durch das BMBF ein innovatives holistisches numerisches Stadtklimamodell (PALM-4U) entwickelt. Der Beitrag IMK-IFU besteht in der Entwicklung eines Luftchemiemoduls, das den flexiblen Einsatz von Chemiemechanismen mit unterschiedlicher Komplexität erlaubt. Das Modell ermöglicht es, darüberhinaus auch weitere städtische Problemfelder wie Überwärmung oder Starkwindschäden in einer bisher nicht erreichten räumlichen und zeitlichen Auflösung zu adressieren.
Erste Anwendungen für Berlin im Rahmen des BMBF-Projektes und für Augsburg im Rahmen eines weiteren Projektes demonstrieren, dass das Modell die kleinräumigen Prozesse unter Berücksichtigung der chemischen Umwandlung von Luftschadstoffen realistisch beschreibt und auch für größere städtische Gebiete anwendbar ist. Damit hat das Modell das Potential, konkret für Planungsprozesse zur Verbesserung der Luftqualität in Städten Anwendung zu finden.
Stadtforschung Bäume
Im Zuge des Klimawandels werden Hitzewellen sowohl wahrscheinlicher als auch intensiver, was sich besonders in unseren Städten auswirkt. Dabei ist nicht nur die Wärme als solche, sondern auch die verstärkte Belastung mit Luftschadstoffen (z.B. Ozon) für den Menschen gefährlich. Stadtbäume wirken dieser Entwicklung entgegen, da sie gleichzeitig Kühlen und die Luft filtern. Der Erhalt und die verstärkte Nutzung von Straßen- und Parkbäumen gehören daher zu den meistgeforderten stadtplanerischen Maßnahmen.
Allerdings hängt die Wirkung der Bäume wesentlich von der Verfügbarkeit von ausreichend Wasser ab. Ein Mangel führt je nach Baumart zu eingeschränkten Funktionen. Dies sind zunächst eine verminderte Verdunstungskühlung und Schadstoffaufnahme; bei zunehmendem Stress auch Laubfall (verminderte Beschattung und Deposition) bis hin zum Tod. Die Beurteilung dieser Effekte unter zukünftigen Bedingungen ist essentiell für die Planung von Standorts- und Artenwahl sowie für die Bewässerung.
Mit einem am IMK-IfU neu entwickelten und jetzt evaluiertem Modell zur Berechnung von wesentlichen Stadtbaumfunktionen ist es nun möglich, die Rolle der Wasserverfügbarkeit zu berücksichtigen und die Erkenntnisse konkret für die Planungsprozesse von Städten und Gemeinden zu verwenden.
Stadtforschung Planung
Die überwiegende Mehrheit der Menschheit lebt in Städten. Daher ist eine nachhaltige und gegen den Klimawandel resiliente Planung und Führung von Städten notwendig, um Problemfelder wie Überwärmung von Städten (städtische Wärmeinsel), die Luftqualität in Städten (Feinstaub, Stickoxide, Ozon), das Sturzflutrisiko und die Wechselwirkung des Systems Stadt mit seiner regionalen und globalen atmosphärischen und biologischen Umgebung zu untersuchen.
Ein Werkzeug hierzu ist das innovative ganzheitliche numerische Stadtklimamodell (PALM-4U, siehe links), das die oben genannten Problemfelder in einer bisher nicht erreichten räumlichen und zeitlichen Auflösung adressiert. Eine besondere Herausforderung stellen dabei die hohe Dynamik der Städte, das große Spektrum unterschiedlicher Raum- und Zeitskalen und das dabei anfallende erhebliche und sehr inhomogene Datenmaterial dar.
Die große verbleibende, weit über die Naturwissenschaften hinausreichende Aufgabe ist es, die hierbei entstehenden Erkenntnisse auch in den konkreten Planungs- und Bauprozess von Städten einzubringen. Lokalklima, Luftqualität und die globale Klimaänderung sind nur einige der vielen Faktoren, die die derzeitige Stadtentwicklung beeinflussen, so dass hier sowohl Informationsbereitstellung als auch vielfältige Abwägungsprozesse notwendig sind um eine noch nachhaltigere Stadtentwicklung zu ermöglichen.
Starkregen
Ziel des Projekts KARE ist die Abschätzung der Häufigkeit und Intensität zukünftiger Starkregenereignisse sowie die Quantifizierung der Einflüsse des Klimawandels auf kommunaler Ebene im Oberland. Dazu werden Daten aus regionalen Klimamodellen benutzt, die derzeit im Rahmen von CORDEX mit den neuesten CMIP6 Daten betrieben werden.
Das Teilprojekt setzt auf diesen relativ räumlich grob aufgelösten Daten auf und wendet Korrekturmethoden zur lokalen Verfeinerung (Bias-Korrektur) an. Dabei werden die regionalen Klimadaten an die lokalräumlichen Gegebenheiten, insbesondere Topographie und lokale Windsysteme in der Planungsregion 17 angepasst. Es werden verschiedene Ansätze zur multivariaten Bias-Korrektur getestet und evaluiert. Aufbauend auf den lokal verfeinerten Klimasimulationen, werden mit Unterauftragnehmern hydraulische Hochwassermodell-Simulationen durchgeführt, um die zu erwartende Gefährdung durch von Starkregenereignissen hervorgerufenen Sturzfluten zu ermitteln. Hierzu muss das in der Region bereits praxiserprobte Modell HYDRO_AS-2D an die kommunalen Anforderungen für die Pilotkommunen Garmisch-Partenkirchen und Weilheim angepasst werden.
Daraus abgeleitet werden Risikokarten für Sturzfluten und Überschwemmungen. Zusammen mit den lokalen Kommunen und Planern werden dieser Risikokarten im Laufe des Projekts ergänzt und verbessert.
Wissenschaftliche Publikationen:
Emeis, S., 2021: Analysis of decadal precipitation changes at the northern edge of the Alps. Meteorol. Z. (Contrib. Atm. Sci.), 31, DOI: 10.1127/metz/2021/1053
Windforschung onshore
Windfelder über komplexem Gelände können mit gekoppelten Modellen berechnet werden. Hier ein Test des gekoppelten Modells ohne komplexe Topographie. Die Modellkopplung wurde über der Nordsee getestet, da dort keine Komplikationen mit der Topographie die Strömung stören kann. Die Simulation konnte mit Daten des Messmasts FINO 1 verglichen werden und es wurde ein Zeitraum gewählt, zu dem erst ein Windpark gebaut war. Damit wurden Störeinflüsse auf den Messmast minimiert.
Die Modellkopplung wurde anhand folgender Kriterien beurteilt:
- Sind Störungen oder Artefakte am Rand der Domäne vorhanden?
- Werden mesoskalige Phänomene korrekt in die CDF Domäne eingespeist?
- Wird das Turbulenzspektrum zu mindestens gleichbleibend an das CFD Modell weitergebeben?
- Ist die Erhaltung der Masse gegeben?
Die Ergebnisse dieser Untersuchung ergab, dass keine nennenswerten Störungen am Rand der Domäne auftreten und dass mesoskalige Phänomene wie etwa konvektive Rollen, welche im WRF Modell (Bild oben, links) auftreten auch im CFD Modell (Bild oben, rechts) zu sehen sind. Bereiche mit erhöhter Windgeschwindigkeit, die an das Gelände gebunden sind, wurden in beiden Modellen an ähnlichen Orten und ähnlicher Amplitude gefunden. Im WRF Modell sind diese Bereiche aufgrund der gröberen Auflösung jedoch deutlich unschärfer. Das Turbulenzspektrum, welches im WRF Modell auftrat wurde auch im CFD Modell gefunden, jedoch wurde vom CFD Modell keine zusätzliche Turbulenz aufgelöst.
Die Kopplung zwischen WRF und dem OpenFoam basierten CFD Modell der Hochschule Esslingen ist gelungen. Der größte Vorteil des CFD Modells ist dessen deutlich feineres Gitter, womit die Topographie und damit verbundene Einflüsse auf die Strömung sehr viel besser dargestellt werden als es im WRF Modell möglich ist. Die Turbulenz wird im CFD Modell jedoch nicht feiner aufgelöst als das im WRF Modell der Fall ist.
Eine reale Anwendung über komplexem Gelände beschreibt: El Bahlouli, A., D. Leukauf, A. Platis, K. zum Berge, J. Bange, H. Knaus, 2020: Validating CFD Predictions of Flow over an Escarpment Using Ground-Based and Airborne Measurement Devices. Energies 2020, 13(18), 4688; doi: 10.3390/en13184688
Windforschung offshore
Um die Klimaerwärmung einzubremsen werden in Zukunft sehr große Mengen an elektrischer Energie mit Hilfe von Windenergie gewonnen werden. An Land sind die Flächen begrenzt, deswegen wir die Installation von Offshore-Windparks immer populärer. Aber auch hier gibt es Einschränkungen: Offshore-Windparks können nicht beliebig dicht nebeneinander gebaut werden, weil die Windgeschwindigkeit auch noch 70 km windabwärts von Offshore-Windparks reduziert sein kann. Deswegen sind für eine optimale Ausbeute, Wettermodelle notwendig, die diese Wirbelschleppen simulieren können.
Zusammen mit den geförderten Partnern der Universitäten Tübingen, Braunschweig und dem Helmholtz-Zentrum Geestacht, wurde eine gängige Windparkparametrisierung für Offshore-Windparks mit Flugzeugmessungen evaluiert. Hier konnte erstmals anhand von Messungen gezeigt werden, dass Windparkparametrisierungen aktiv Energie an den Orten der Windparks zuführen müssen, weil ansonsten die Durchmischung durch die Windparks unterschätzt wird und somit die Länge der Wirbelschleppen.
Die große verbleibende, weit über die Naturwissenschaften hinausreichende Aufgabe ist es, die hierbei entstehenden Erkenntnisse auch in den konkreten Planungs- und Bauprozess von Offshore-Windparks einzubringen. Daran wird momentan im Projekt X-Wakes gearbeitet.
Siedersleben, S. K., Platis, A., Lundquist, J. K., Djath, B., Lampert, A., Bärfuss, K., Cañadillas, B., Schulz-Stellenfleth, J., Bange, J., Neumann, T., and Emeis, S., 2020: Turbulent kinetic energy over large offshore wind farms observed and simulated by the mesoscale model WRF (3.8.1), Geosci. Model Dev., 13, 249–268, https://doi.org/10.5194/gmd-13-249-2020 citations